
ProWein 2025: Wein. Anders. Jetzt!
Drei Tage ProWein: Ich habe probiert, gefragt, zugehört. Klar ist: Die Branche steht unter Druck – Stichwort Absatzkrise. Aber genauso klar: Sie bewegt sich. Produkte werden vielfältiger, Formate mutiger. Coole Weinproben mit DJ-Sets oder kreative Workshops in einer alten Apotheke mit Weinglas in der Hand – Wein wird neu gedacht. Und das ist auch nötig.
Stell dir vor, du läufst durch einen Pinienhain – Daran erinnert der alkoholfreie Traubensecco „Nou“ vom Piwi-Kollektiv, dank feiner Aromen von Kiefern- und Tannennadeln. „Wenn man es weiß, kann man es riechen. Ganz subtil, aber mit Tiefe und Charakter“, sagt Philipp Rottmann.
ProWein 2025: Kiefern- und Tannennadeln im Glas beim Piwi-Kollektiv
Die Basis: Piwi-Trauben, davon rund 30 Prozent als süßer Traubenzucker, der Rest veredelt – mit Eisenkraut, Ingwer, Zitrone und einem hausgemachten Piwi-Balsamico. Der bringt Säure, aber keine Essignoten.

Fokus auf Piwis, Bio – und kleine Strukturen
Gegründet 2022 von Philipp Rottmann und Martin Schmidt (Weingut Kiefer-Schmidt), unterstützt das Piwi-Kollektiv Nebenerwerbswinzer:innen bei der Umstellung auf pilzwiderstandsfähige Rebsorten (Piwis) und bei der Bio-Zertifizierung. Sie bauen zentral in der eigenen Kellerei aus: Schaumwein, Weißwein, Traubensaft.
Rottmann bringt Erfahrung aus der Start-up- und Nachhaltigkeitsszene mit: Er hat grüne Unternehmen begleitet und aufgebaut – vom Biofachhandel bis zur Energiebranche. Diese Erfahrung fließt heute in den Wein.

Auch im Sortiment: Nou Secco, Nou Crémant und Nou Crémant Rosé – sie haben mir ziemlich gut geschmeckt.
Piwis auf dem Vormarsch
Auch die Zukunftsweine waren wieder mit einem großen Gemeinschaftsstand auf der ProWein vertreten. Mehr über diese Initiative findet ihr in meinem Blogbeitrag zur ProWein 2024.
Damals war das Thema Piwis noch klar beim Stand des Deutschen Weininstituts (DWI) verortet. Dieses Jahr zeigte sich: Die neuen Weine sind angekommen – auch jenseits der Nische.
Laut neusten Daten vom DWI wurden 2024 rund 3.500 Hektar Piwi-Reben in Deutschland angebaut – 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Ihr Anteil an der gesamten Rebfläche liegt derzeit bei 3,5 Prozent.
„Der Markt verändert sich – und wir müssen mitziehen“
Auf der ProWein war das Piwi-Kollektiv mit zwei Ständen vertreten – bei den Traditionellen Sektmachern und am Baden-Stand. Die Resonanz war sehr positiv. „Es war ruhiger als im Vorjahr“, sagt Philipp Rottmann, „aber die Gespräche waren qualitativ stark, konkret – und führten zu echten Anfragen, auch von neuen Händler:innen. Wir sind sehr zufrieden.“
Auch Daniel Freund vom Weinkontor Freund blickt zufrieden auf die ProWein zurück – trotz spürbar weniger Trubel als vor zwei Jahren, als das Unternehmen zuletzt ausstellte. Für ihn ein Zeichen: Die Branche ist im Wandel. „Es bewegt sich viel – und Stillstand ist keine Option. Alle wissen, dass sich etwas verändern muss.“
Dirk Röhrig (Weinkontor Freund),ergänzt: „Das Jahr hat schleppend begonnen, die allgemeine Verunsicherung ist da. Aber der März lief besser – das Wetter hilft, vielleicht auch die Stimmung.“
In Deutschland werde viel problematisiert, meint er: „Wir neigen dazu, uns Krisen auch selbst zu machen. Natürlich gibt es reale Herausforderungen – politisch wie wirtschaftlich. Aber wir lassen uns auch stark beeinflussen.“
Trotzdem bleibt Röhrig gelassen: „Getrunken wird immer – nur eben anders. Die Frage ist: Was wird getrunken? Und wie verändert sich der Konsum?“ Auch andere Aussteller:innen bestätigen: Die Besucherfrequenz war geringer, die Qualität der Gespräche dafür umso höher – ein Eindruck, den auch Monika Reule vom Deutschen Weininstitut (DWI) teilt.
Zwischen Krise und Kreativität – wohin geht die Branche?
Die Lage ist angespannt – keine Frage. Monika Reule, Geschäftsführerin des DWI, benennt klar die Fakten – und macht zugleich deutlich, dass sie an die Wandlungsfähigkeit der Branche glaubt – und wo sich Bewegung zeigt.
Ein Thema: die mögliche Stilllegung von Rebflächen, um sie vorübergehend für Biodiversität zu nutzen – ohne dabei Pflanzrechte zu verlieren. „In Frankreich werden bereits Reben gerodet. Auch in Deutschland und Österreich beobachten wir diese Entwicklung. Es ist eine mögliche Strategie – neben der Investition in neue Produkte.“

Weniger Betriebe, mehr Profil
Der strukturelle Wandel im Weinbau ist deutlich spürbar: Die Zahl der Betriebe sinkt, besonders im Nebenerwerb. Größere Betriebe wachsen, übernehmen Flächen, arbeiten effizienter. Auch bei Neupflanzungen herrscht Zurückhaltung.
Laut der letzten Erhebung aus 2023 gibt es in Deutschland noch rund 14.000 Weinbaubetriebe, etwa 8.000 davon mit eigener Flaschenfüllung.
„Natürlich ist die Lage herausfordernd. Absatz und Umsatz sind rückläufig – das ist kein Geheimnis. Aber: Es wird weiterhin Wein getrunken – und es gibt auch positive Entwicklungen“, sagt Monika Reule.
So konnte der Inlandsabsatz deutscher Weine 2024 im Vergleich zum Vorjahr sogar um 3,3 Prozent gesteigert werden – und auch im Export laufe es in vielen Märkten stabil bis gut.

Mehr Mut für Neues ist gefragt
Es braucht nicht nur gute Weine – sondern Ideen, wie man sie erlebbar macht. Und eine Haltung, die offen ist für Wandel.
„Wir wollen nicht frustrieren – sondern motivieren“, so Monika Reule. Ihr geht es nicht nur um Rebsorten oder Flächen, sondern um den Blick nach vorn. „Unsere Winzerinnen und Winzer sind kreativ – das war immer ihre Stärke. Ja, es werden nicht alle durchkommen. Aber es wird weitergehen mit dem deutschen Wein.“
Gerade junge Zielgruppen verändern den Markt – sie trinken bewusster, konsumieren anders. Wer hier frühzeitig neue Wege geht, ist im Vorteil. „Vor allem frische Weiß- und Roséweine laufen international gut – und alkoholfrei ist längst kein Nebenthema mehr“, so Reule.
Ihre Botschaft an die Branche: Mehr Offenheit, mehr Bewegung, mehr Mut – für neue Zielgruppen, neue Formate und andere Kommunikationswege.

„Es geht erst richtig los“ – Weintourismus als Chance
Ein zentraler Hebel dabei: Weintourismus. Veranstaltungen wie das Weinwanderwochenende oder Formate wie Pop-up-Kino im Weinberg, Geocaching mit Verkostung, Weinfeste mit Musik zeigen: Menschen wollen raus. Sie wollen Wein erleben, nicht nur trinken, sagt Frank Schulz.
„Gerade das Thema Events entwickelt sich weiter. Wir merken das auch in unserer DWI-Datenbank: Jedes Jahr gibt es mehr Einträge. Und Formate wie Geocaching mit Wein haben längst eine feste Fangemeinde.“
„Die Menschen wollen sich begegnen – das wird oft vergessen“
Trotz globaler Überproduktion und einer zunehmend kritischen Alkoholpolitik sieht Frank Schulz den gesellschaftlichen Wert von Wein nach wie vor als zentral: „Was mir in der Debatte zu kurz kommt, ist der soziokulturelle Aspekt: Menschen wollen sich begegnen, zusammen anstoßen – mit oder ohne Alkohol.“
Produkte wie alkoholfreier Sekt gewinnen an Bedeutung, aber auch klassischer Wein – etwa von der Mosel – könne mit moderatem Alkoholgehalt überzeugen. „Es geht um Genuss, Begegnung, Kultur. Und das bleibt – auch wenn sich die Produkte verändern.“
Frank Schulz findet: „Die Branche vibriert – im besten Sinne. Es ist beeindruckend, wie lebendig sie sich entwickelt. Man spürt förmlich, wie viel Energie in der Branche steckt.“
Diese Dynamik zeigt sich nicht nur bei den Produzenten, sondern auch in der wachsenden Zahl an Kooperationen mit anderen Branchen: Kulinarik, Kultur, Tourismus – immer öfter entstehen daraus neue Erlebnisformate rund um Wein.
Reisender Riesling, DJs & Krabben: deutscher Wein erobert China und Skandinavien
Auch im Export sieht Frank Schulz klare Lichtblicke. Zwar gehen nur rund zehn Prozent der deutschen Weine ins Ausland, jedoch werden sie dort immer beliebter. Besonders gut läuft es in Skandinavien und China, wo deutsche Weine sowohl im Absatz als auch im Image punkten.
Infotainment statt steifer Weinprobe
In China ist das DWI erfolgreiche Formate wie die „Riesling Ladies“ etabliert, speziell für Frauen zwischen 25 und 35 Jahren. „Die Events fanden in coolen Locations statt – Bar-Atmosphäre, DJ, lockere Verkostung und trotzdem mit Wissensvermittlung. Die kamen richtig gut an“, so Frank Schulz.
Norwegen, Dänemark oder Schweden gehören zu den Top-5-Exportmärkten – nicht nur mengenmäßig, sondern auch beim Image.
Dort wird Wein kreativ in Szene gesetzt – etwa mit Events wie „Travel Riesling“ oder dem Food-Pairing-Format „Crab a Riesling“: Riesling trifft Seafood, frisch und stilvoll serviert.
Crab a Riesling: Riesling trifft Seafood, frisch und stilvoll serviert.
Bitte mehr coole Wein-Events!
Auch auf der Eurovino habe ich in vielen Gesprächen gehört: Immer mehr Produzent:innen denken Weinerlebnisse neu. Ich erlebe selbst, wie gefragt solche Formate sind: Gesprächsrunden mit Winzer:innen bei gutem Essen, DJ-Tanzabende mit Wein, Electro-Sets in besonderen Locations. Coole Musik-Events mit gutem Wein nur leider noch selten, zumindest in Karlsruhe.
Ich hätte große Lust auf mehr Formate mit Leichtigkeit. Warum nicht mal tagsüber, draußen, in Bewegung – statt abends und im Sitzen, wie es meist üblich ist?
Oder wie Frank Schulz es so schön beschreibt – und das wäre auch mein Traum: Infotainment trifft Erlebnis – Wissen zum Wein kombiniert mit Bewegung.
Genuss darf mutiger, überraschender, zugänglicher werden. Gerne mehr davon!

Wein trifft Werkstatt: Kreative Events mit Glas in der Hand
Umso schöner fand ich die Idee des Weinguts Kiefer-Schmidt: „Wein & Werk“, von der mir Helen Schmidt vom Weingut Kiefer-Schmidt erzählt hat. Ein neues Format, das Kreativität und Wein zusammenbringt.
„In einer alten Apotheke in Freiburg kombinieren wir Weinproben mit Kreativworkshops: Kränze binden, Töpfern oder Aktzeichnen – alles mit einem guten Glas Wein in der Hand“, sagt Hellen Schmidt.
Der Ablauf ist locker, aber strukturiert:
- Alle 20 Minuten kommt ein neuer Wein ins Glas
- 5 Weine pro Abend
- Buchbar als Einzel- oder Teamevent
Die Botschaft ist klar: Wein soll nicht nur getrunken, sondern erlebt werden. Genau das wollen immer mehr Menschen.
Alkoholfrei: vom Nischenprodukt zur neuen Normalität
Alkoholfrei ist kein Trend mehr – es ist Realität. Das betont auch Monika Reule vom Deutschen Weininstitut (DWI): „Vor fünf Jahren war das kaum präsent – heute sieht man auf jeder Messe alkoholfreie Optionen.“
Gerade junge Zielgruppen trinken bewusster: weniger, aber gezielter. Gefragt sind zugängliche Produkte: Weinschorlen, frische, leichte Weine – oder gleich ganz ohne Alkohol.
Für viele kleinere Betriebe kann das eine ähnliche Entwicklung nehmen wie einst beim Winzersekt: „Erst belächelt, dann etabliert“, so Reule.
„Jetzt braucht es Produkte, die zünden“
Auch Dirk Röhrig vom Weinkontor Freund beobachtet die Entwicklung genau. Für ihn bleiben entalkoholisierte Weine das Rückgrat des alkoholfreien Weinmarkts, und werden immer besser. Im Fachhandel stoßen sie noch auf viel Skepsis. „Oft höre ich dort: ‚Schmeckt mir nicht‘ – und dann ist das Thema durch.“
Doch er glaubt an das Potenzial – gerade, wenn es technische Fortschritte in der Entalkoholisierung gibt. „Ein technischer Durchbruch könnte hier viel bewegen. Im Moment probieren viele Produzenten herum – und das ist gut so. Je mehr passiert, desto schneller entwickelt sich die Kategorie.“
Laut Röhrig entwickeln sich derzeit drei Strömungen im alkoholfreien Segment:
- Entalkoholisierte Weine – mit Potenzial, aber noch nicht durchgehend überzeugend.
- Flavoured-Getränke – spritzige Weinmixe mit Holunder, Himbeere & Co, geschmacklich oft polarisierend, aber erfolgreich.
- Neue Konzepte wie Proxies – komplexe, weinähnliche Kompositionen aus Tee, Verjus, Kräutern oder Fermentation, mit eigenem Charakter.
„Alle drei Strömungen gehen in dieselbe Richtung: weg vom klassischen Alkohol, hin zu mehr Vielfalt“, sagt Röhrig.


Neue Konzepte mit ganz eigener Handschrift: Getränke auf Basis von Tee, Kräutern, Verjus oder Fermentation – die sogenannten Proxies oder komplexen 0,0-Alternativen. „Diese Produkte sprechen eine ganz eigene Zielgruppe an. Sie erinnern an Wein, sind aber eigenständig – und zeigen, was im alkoholfreien Bereich möglich ist.“
Auch wenn viele Fachhändler noch skeptisch sind, warnt Röhrig davor, das Thema zu verschlafen: „Wer jetzt nicht anfängt, darüber nachzudenken, verpasst den Anschluss.“
„Jetzt braucht es Produkte, die zünden“, sagt Röhrig. Sein Appell an die Branche: „Nicht warten, bis der Markt reif ist – sondern ihn mitgestalten.“

Gustavshof: Proxies, Säfte – und viel Aufmerksamkeit
Esther Grün vom Weingut und Fein-Brennerei Mühlhofen (Südliche Weinstraße, Pfalz) liebt es, Regeln zu hinterfragen. Ihr Weingut und ihre Brennerei sind geprägt von Experimentierfreude – eine Balance zwischen Struktur und kreativer Freiheit.
„Wir sind sehr zufrieden“, sagt Friederike Roll vom Gustavshof rückblickend auf die ProWein 2025. „Wir hatten viele Kontakte und tolle Gespräche.“ Besonders im Fokus: ihre Proxies und Säfte, die international auf großes Interesse stießen. „Wir sind gespannt, in welchen Ländern unsere Produkte demnächst auftauchen werden.“
Gustavshof zählt zu den wenigen Weingütern in Deutschland, die schon seit vielen Jahren alkoholfreie Getränke unter dem Namen „Proxy“ vertreiben.
Ein Name aus der Gitterbox
Eine charmante Anekdote zur Namensgebung ihrer „Zero S“-Linie: „Mein Schwiegervater und mein Mann Andreas haben abgefüllt, der Name stand noch nicht fest. Dann schrieb mein Schwiegervater auf die Gitterbox einfach ‚Zero S‘ – für keinen Schwefel, also zero Sulfit. Und der Name ist geblieben.“


Auf der Messe kamen viele Besucher gezielt an den Stand, auch explizit für ihre Proxies. „Einige sagten: ‚Ihr schreibt uns seit Jahren an – jetzt hab ich’s endlich mal geschafft.‘“ Die Mühe und Hartnäckigkeit lohnen sich offenbar – die Idee alkoholfreier, komplexer Begleiter zum Essen kommt an.
Weingut Dr. Hinkel: Rosé ohne Alkohol
Auch Peter Hinkel vom Weingut Dr. Hinkel sieht auf der Messe einen klaren Aufwärtstrend: „Dieses Jahr spüren wir echtes Interesse – und haben schon konkrete Abschlüsse gemacht. Normalerweise passiert das erst im Nachgang.“
Das liege auch an der Ausrichtung des Weinguts: Entalkoholisierte Weine und alkoholfreie Alternativen mit Anspruch. „Viele suchen gezielt nach hochwertigen alkoholfreien Produkten, das merken wir deutlich.“


Neu auf der ProWein mit dabei: der Driver Rosé
Mitgebracht hat das Team eine Neuheit: den Driver Rosé – ein entalkoholisierter Roséwein, verschnitten mit Verjus, dem Saft unreifer Trauben.
„Verjus ist ein tolles, natürliches Produkt, das schon seit über 2.500 Jahren bekannt ist“, so Peter Hinkel. „Er bringt viele Polyphenole und Antioxidantien mit – und sorgt in Kombination mit dem entalkoholisierten Wein für ein rundes, volleres Mundgefühl.“
Im Vergleich zum Stillwein liegt hier der Fokus stärker auf Spannung und Finesse, mit weniger Süße. „Der stille Driver soll vor allem leicht und sommerlich sein – der Rosé bringt mehr Tiefe.“
Produktentwicklung? Nur mit direktem Feedback
„Wir entwickeln nichts im stillen Kämmerlein“, sagt Peter. „Bevor etwas Neues kommt, holen wir uns immer Rückmeldungen ein.“ Freundeskreis, Gastronomie, Fachhändler – alle werden einbezogen and gezielt gefragt:
- Wie süß darf’s sein?
- Wie präsent die Säure?
- Wie wirkt die Perlage beim Sekt?“
„So bekommen wir ein Gespür dafür, was wirklich gesucht wird – und nicht nur, was wir selbst gut finden und glauben, anbieten zu müssen.“
Auch das Etikett ist kein Zufall: Peters Schwester Julia Hinkel war in die Gestaltung eingebunden. „Sie ist sehr designaffin und hat uns geholfen, etwas zu gestalten, das hochwertig wirkt – und bei einer jüngeren, weiblichen Zielgruppe ankommt.“ Das Ergebnis: Roségold-Elemente, hochwertige Haptik, ein stilvoller Auftritt mit Wiedererkennungswert.
Sparkling Tea: Vielschichtiger Genuss ganz ohne Alkohol
Die Kategorie Sparkling Tea wächst. Schon vor ein paar Jahren begegnete mir dieser Trend, seitdem wächst er, auf der ProWein 2025 gab’s zum Beispiel prickelnde Tees bei Copenhagen Sparkling Tea.
„Wir arbeiten mit verschiedenen hochwertigen Teesorten, als Basis vor allem Weißtee, dazu schwarze oder grüne Sorten“, erklärt die Vertreterin am Stand. „Wir verwenden keine Aromen, keine Zusätze, nur natürliche Zutaten. Für Frische sorgen Zutaten wie Hibiskus, Ingwer oder Zitronengras.“
Alle Produkte von Copenhagen Sparkling Tea entstehen in traditioneller Flaschengärung – Méthode Champenoise, wie beim Sekt dieser Art:
- LYSERØD (dänisch für ‚rosa‘): Weißtee, Hibiskus – nur 3 g Restzucker, frisch, trocken, elegant
- LYKKE (dänisch für ‚Glück‘): Weiß- und Grüntee, Ingwer, Minze, Zitronengras – etwas fruchtiger, 4 % Zucker
- BLÅ (dänisch für ‚blau‘): Darjeeling, Kamille, Jasmin, Zitrusnoten – komplex, floral, leicht süß – der hatte es mir besonders angetan
- GRØN & RØD: zwei Varianten mit 5 % Alkohol – für alle, die es klassischer mögen



Cola, Schorle, Radler – und sonst so? Gerne mehr Auswahl in der Gasto!
Die Auswahl alkoholfreier Alternativen wird also immer größer – und immer besser, immer interessanter. Im Moment haben es mir die Schaumweine und Proxies besonders angetan, aber auch die 0,0 Aperitifs zum Mixen und die neuen schäumenden Tees.
Was mich aber extrem frustriert: Außerhalb der Wein-Bubble – vor allem in der Gastronomie – kommt davon kaum bis nichts an.
Statt spannender Alternativen steht meist nur das Übliche auf der Karte: Cola, Fanta, Saft, Schorle, alkoholfreies Radler odermal ein paar alkoholfreie Cocktails. Das war’s.
Inspiriert von Dirk Röhrig (Weinkontor Freund) frage ich nun in Restaurants gezielt nach, selbst wenn ich die Karte schon kenne: „Haben Sie auch alkoholfreie Weine?“
Macht ihr mit? Je mehr fragen, desto eher bewegt sich etwas!
Natürlich liebe ich guten Wein. Und das logischerweise noch viel mehr, seitdem ich immer tiefer in die Weinwelt eintauche.
Aber: Es muss ja nicht immer Alkohol sein. Achtsames, moderates Trinken ist mir sehr wichtig. Vor allem: echter Genuss.
Gerade deshalb wünsche ich mir, dass die wachsende Vielfalt alkoholfreier Produkte auch in Bars, Restaurants und Cafés ankommt.
By the way: Demnächst schreibe ich einen Blogbeitrag nur über Alkoholfrei. Wenn du das hier liest und in der Gastro arbeitest, und Lust hast, mir ein kleines Statement zu geben, schreib mir doch gerne. 😉
Dolce Vita im Glas: Easy Drinking, aber mit Anspruch!
Neben entalkoholisierten Weinen war auf der ProWein 2025 auch der Trend zu weinhaltigen Mischgetränken deutlich spürbar. Spritzige Varianten, ganz viel Limoncello, erobern die Regale.
Was aktuell gut läuft? Leichte, zugängliche Weißweine mit moderatem Alkoholgehalt. Am besten aus Regionen, die Urlaubsgefühl mitliefern. „Unkomplizierte Weine aus Norditalien, die ein bisschen Dolce-Vita-Flair transportieren, kommen gerade sehr gut an“, sagt Röhrig.
Gefragt sind:
- einfache, gut gemachte Weißweine
- UVP um 6,50–7 Euro
- nicht ganz trocken, aber auch nicht süß

Limoncello, soweit das Auge reicht
Limoncello war auf der ProWein 2025 gefühlt überall. Unter anderem der Strandgut Fruchtbrise Limoncello von Reh Kendermann – ein aromatisierter, weinhaltiger Cocktail im Stil einer Spritz-Weinschorle.
Eine alkoholfreie Variante hatte ich bereits auf der Eurovino bei Wein Wolff unter der Marke Dr. Jaglas entdeckt.
Getränketrends wie Limoncello haben ihren Ursprung oft in der italienischen Gastronomie und verbreiten sich über trendige Bars und Restaurants in München und anderen deutschen Großstädten. Die Gastronomie dient als Testfeld: Was dort funktioniert, findet den Weg in die Regale des Handels – und wird so einem breiteren Publikum zugänglich.
White Peach auf dem Vormarsch
„White Peach ist seit letztem Jahr voll im Trend – und legt derzeit richtig zu“, sagt der Barkeeper am Stand von Katlenburger. „Nach Aperol kommt bei mir White Berry – und direkt danach White Peach.“
Gerade im Sommer seien auch Varianten wie Pink oder Lila Grapefruit gefragt. „Aber vor allem White Peach wird immer beliebter, für viele Gäste ist er bereits ein gesetzter Sommerdrink.“
Rosé? Am liebsten mit Sonne.
Nicht jeder Trend lässt sich planen – manches hängt schlicht vom Wetter ab. „Rosé ist ein saisonales Thema. Wenn der Sommer schön wird, verkaufen wir viel. Wenn Mitte Juli Dauerregen einsetzt, wird’s schwierig“, sagt Dirk Röhrig.
Der große Wandel? „Abgesehen vom alkoholfreien Segment wird sich der konventionelle Weinmarkt nicht radikal verändern – jedenfalls nicht innerhalb eines oder zwei Jahre.“

ProWein 2025: Low, Limo, Lässig – das punktet gerade
Neben alkoholfreien Drinks zeigte sich auf der ProWein 2025: Wein darf leicht, spritzig und unkompliziert sein – Hauptsache, er macht Spaß.
- Leicht & spritzig: aromatisierte Weinmixgetränke – easy, fruchtig, mit Frische
- Zitronig: Limoncello everywhere – mit oder ohne Alkohol, zitronig ist in
- Fruchtig: White Peach wird zum Favoriten hinter Aperol & White Berry
- Grapefruit: von Pink bis Lila – vor allem im Sommer stark gefragt
- Rosé: beliebt wie eh und je – am liebsten bei schönem Wetter
Ein weiterer großer Trend ist übrigens Schaumwein, und das in immer besserer Qualität. Aber dazu ein anderes Mal mehr.
Cold Brew trifft Honigwein – Katlenburger launcht den „Brew“
Die Neuheit am Katlenburger-Stand: der neue „Brew“ – ein Ready-to-Drink-Cocktail auf Basis von Honigwein, verfeinert mit Cold Brew Coffee-Aroma:
„Honigwein ist ein sehr tradiertes Getränk“, sagt Sebastian Wulff von Katlenburger. „Wir wollten ihn neu interpretieren – modern, trinkfertig und mit einer angesagten Geschmacksrichtung.“




Trends setzen statt Trends bedienen
White Peach, Limoncello-Spritz, Pink Grapefruit – klar beobachtet Katlenburger solche Trends. „Aber unser Ziel ist es, neue Produkte zu schaffen, die es so noch nicht gibt“, so Wulff.
Der Brew ist genau das: modern, auffällig, anders – und ein echter Hingucker auf der Messe. „Viele Besucher:innen haben spontan probiert – der Austausch war super.“
Auch optisch ein Statement: klare Designsprache, aufmerksamkeitsstark. Kein Wunder, dass der Brew schnell zum Gesprächsöffner wurde – auf einer Messe, die für Katlenburger „die wichtigste Plattform des Jahres“ ist. „Wir hatten hochwertige Kontakte, viele gute Gespräche – auch mit Bestandskunden“
Blick nach vorne: Kreativ durch die Krise
Natürlich spürt auch Katlenburger die wirtschaftliche Lage: „Das Thema Alkohol wird kritischer gesehen – das merken wir. Aber durch unser starkes Portfolio, auch im Low-Alkohol-Bereich, stehen wir breit aufgestellt da.“ Neben Honigwein bietet Katlenburger eine große Vielfalt an Frucht- und Perlweinen, richtet sich an unterschiedliche Zielgruppen und bleibt dadurch resilient.
Sebastian Wulff glaubt an die Zukunft der Branche – wenn sie sich weiterentwickelt. Gefragt seien biologisch erzeugte Weine, kleine Betriebe, ein bewussterer Konsum. Und: gute Produkte auch im Einstiegspreis. „Wein soll für viele zugänglich bleiben – nicht nur für wenige.“
„Klar ist es eine herausfordernde Zeit. Aber wir sind zuversichtlich – weil wir vielfältig, kreativ und flexibel sind.“
Lauffener Weingärtner: Weinheldinnen – neue Linie von 8 Winzerinnen
Storytelling ist gefragt, auch im Weinregal. Menschen wollen Geschichten, nicht nur anonyme Produkte. Genau da setzt die neue Linie Weinheldinnen der Lauffener Weingärtner an.
Acht Winzerinnen aus der Genossenschaft in Württemberg haben das Projekt von Grund auf selbst entwickelt – von der Rebe bis zum Etikett.
Die Idee entstand aus einer früheren Kooperation mit der Zeitschrift Brigitte. Statt bloßer Promo sollte etwas Eigenes entstehen – authentisch, weiblich, genossenschaftlich.

Weinheldinnen: 2 Weine mit klarer Handschrift:
- Grauweißburgunder (trocken): 60 % Grauburgunder, 40 % Weißburgunder, 7,5 g Restsüße – frisch, elegant, zugänglich.
- Muskateller & Riesling (halbtrocken): 14 g Restsüße, duftig, verspielt, mit Riesling-Frische für Trinkfluss.
Das Design: Art-Déco-inspiriert, retro und stilvoll, auffällig, aber hochwertig, und im Preissegment von etwa 6 Euro UVP positioniert. „So etwas kann keine Kellerei allein stemmen“, sagt Geschäftsführer Marian Kopp, „aber eine Genossenschaft mit engagierten Winzerinnen kann das.“ Die Marke wurde gemeinsam mit einer Hamburger Agentur entwickelt – inklusive klarem Storytelling und Zielgruppenfokus.
Im Lauffener WeinHELDINNEN Team sind: Susanne Kühner, Katrin Rembold, Melanie Schmid, Birgit Sautter, Julia Beckbissinger, Vanessa Gruidl, Ute Freiberg und Isabel Frank.
Für Kopp passt das perfekt in den Moment: „Der Weinmarkt ist in Bewegung und sucht Profil. Diese Linie liefert es. Sorten wie Riesling und Grauburgunder boomen – und genau da setzen wir an.“

Julia Beckbissinger hebt den Gemeinschaftsaspekt hervor: „Wir wollten Weine machen, die zu uns passen. Nicht laut, nicht beliebig, sondern eigenständig – von Frauen, aber nicht nur für Frauen.“
Vanessa Gruidl betont den Stilanspruch: „Bei der trockenen Variante wollten wir die burgundertypische Milde in der Säure mit der Frische des Jahrgangs kombinieren. Der halbtrockene Wein bringt die Aromatik des Muskatellers mit der Frische des Rieslings zusammen – das macht ihn vielseitig.“
Auf der ProWein 2025 hat mir Nicole Naab von den Lauffener Weingärtnern die neuen Weinheldinnen Weine gezeigt.
Ruckeln. Reagieren. Reformieren.
Ja, es ruckelt. Es ist und bleibt eine schwierige Zeit im Weinbau.
Und daraus entsteht eben sehr viel Bewegung. Denn wenn wir Menschen eines können, dann ist es, uns anzupassen. Und genau das passiert gerade.
Ich freue mich über all die neuen Ideen, die mutigen Produkte, die ungewöhnlichen Formate – kurz: über das, was Wein heute und morgen spannend macht.
Was sich gerade besonders dreht:
- Immer mehr alkoholfreie Weine, Sekt & Co – mit Anspruch
- Widerstandsfähige Rebsorten für die Zukunft
- Frucht, Vielfalt, Trinkfluss statt Schwere und Etikette
- Wein-Events, die überraschen – mit DJs, Kunst, Bewegung
Mal sehen, was ich davon in der nächsten Zeit entdecke – und wie sich der Wein bis zur ProWein 2026 weiterdreht.















Bilder: Johanna Wies
Johanna Wies
Journalistin • Texterin
Am Rüppurrer Schloß 5
76199 Karlsruhe
